Miep Gies half mit ihrem Mann Jan und anderen Opekta-Mitarbeitern (Victor Kugler, Johannes Kleiman und Bep Voskuijl), Otto und Edith Frank, ihre Töchter Margot und Anne, Hermann, Auguste und Peter van Pels und Fritz Pfeffer vom 6. Juli 1942 bis zum 4. August 1944 in mehreren Räumen im Obergeschoss des Bürogebäudes der Firma an der Amsterdamer Prinsengracht zu verstecken. In einem Interview sagte Gies, dass sie froh war, den Familien beim Verstecken zu helfen, weil sie extrem besorgt war, nachdem sie gesehen hatte, was mit den Juden in Amsterdam geschah. Jeden Tag sah sie Lastwagen, die mit Juden beladen zum Bahnhof fuhren, auf dem Weg in die Konzentrationslager der Nazis. Sie erzählte niemandem, nicht einmal ihren eigenen Pflegeeltern, von den Untergetauchten, denen sie half.
Beim Einkauf von Lebensmitteln für die Untergetauchten vermied Gies auf vielerlei Weise Verdacht: zum Beispiel, indem sie an einem Tag mehrere verschiedene Lieferanten aufsuchte. Sie nahm nie mehr mit, als in eine Einkaufstasche passte oder was sie unter ihrem Mantel verstecken konnte. Damit die Opekta-Mitarbeiter keinen Verdacht schöpften, versuchte Gies, das Versteck nicht während der Bürozeiten zu betreten. Auch ihr Mann half mit Rationskarten, die er sich illegal besorgt hatte. Durch regelmäßige Besuche in verschiedenen Lebensmittelgeschäften und auf Märkten entwickelte Gies ein gutes Gespür für die Versorgungslage.
In ihrer Wohnung in der Nähe des Merwedepleins, wo die Franks vor ihrem Untertauchen gewohnt hatten, versteckten Gies und ihr Mann, der dem niederländischen Widerstand angehörte, auch einen antinazistischen Universitätsstudenten.
Die Gefangennahme
Am Morgen des 4. August 1944, an ihrem Schreibtisch sitzend, wurde Gies, zusammen mit Voskuijl und Kleiman, von einem Mann mit einer Pistole konfrontiert, der befahl: „Bleibt hier! Rührt euch nicht!“ Die Familien waren verraten worden und die Grüne Polizei verhaftete die in der Prinsengracht 263 versteckten Personen sowie Kugler und Kleiman. Am nächsten Tag ging Gies zum deutschen Polizeibüro, um zu versuchen, die Verhafteten zu finden. Sie bot Geld an, um sie freizukaufen, hatte aber keinen Erfolg. Gies und die anderen Helfer hätten hingerichtet werden können, wenn sie beim Verstecken von Juden erwischt worden wären; sie wurde jedoch nicht verhaftet, weil der Polizeibeamte, der kam, um sie zu verhören, aus Wien war, ihrer Geburtsstadt. Sie erkannte seinen Akzent und sagte ihm, dass sie die gleiche Heimatstadt hätten. Er war erstaunt, begann dann auf und ab zu gehen und sie zu beschimpfen, bis er schließlich beschloss, sie bleiben zu lassen. Gies blieb mit ihrem Mann für den Rest des Krieges in Amsterdam in Sicherheit.
Bevor das Versteck von den Behörden geleert wurde, holte Gies die Tagebücher von Anne Frank zurück und bewahrte sie in ihrer Schreibtischschublade auf. Sie war fest entschlossen, sie Anne zurückzugeben. Nachdem der Krieg zu Ende war und bestätigt wurde, dass Anne Frank in Bergen-Belsen umgekommen war, übergab Gies die Sammlung von Papieren und Notizbüchern an den einzigen Überlebenden des Geheimen Hinterhauses, Otto Frank. Nachdem er Abschnitte für seine Familie transkribiert hatte, zeigte sich die literarische Begabung seiner Tochter und er veranlasste die Veröffentlichung des Buches im Jahr 1947. Gies las die Tagebücher nicht, bevor sie sie Otto übergab, und bemerkte später, dass sie sie sonst hätte vernichten müssen, weil die Papiere die Namen aller fünf Helfer sowie deren Schwarzmarktlieferanten enthielten. Sie wurde von Otto Frank überredet, das Tagebuch in seiner zweiten Auflage zu lesen. 1947 zogen Miep und Jan Gies zusammen mit Otto Frank in die Jekerstraat 65 am Merwedeplein.
Gies wurde 1995 für den Dokumentarfilm Anne Frank Remembered von Jon Blair über ihre Erinnerungen an das Versteck der Familie Frank interviewt.