Ein Team von Wissenschaftlern des Museums untersuchte in Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig Blutwürmer, kleine segmentierte Würmer, die bis zu 35 cm lang werden können. Sie untersuchten die Expression von Giftgenen – also welche Gene aktiviert werden, um Giftproteine zu produzieren.
Museumszoologe Dr. Björn von Reumont sagte, dass die Studie enthüllt, warum Menschen eine so schwere allergische Reaktion auf Blutwurmbisse haben können.
‚Wir haben herausgefunden, dass einige Blutwurm-Giftgene eng mit denen verwandt sind, die in Bienen- und Wespengift exprimiert werden‘, sagte er.
Die Studie wurde gestern in der Fachzeitschrift Genome Biology and Evolution veröffentlicht.
Böser Biss
Blutwürmer leben häufig in flachen Wattgebieten, und das Sammeln von Blutwürmern als Fischköder ist ein Multimillionen-Dollar-Geschäft an der Ostküste Nordamerikas. Blutwurmsammler werden häufig gebissen, was gelegentlich eine schwere allergische Reaktion verursacht, die zu einem Krankenhausaufenthalt führt.
Bislang wussten die Wissenschaftler, dass die Würmer beim Biss mit ihren vier scharfen Zähnen Gift injizieren, aber sie waren sich nicht sicher, welche Bestandteile des Giftes die Reaktion auslösen.
Komplexer Cocktail
Die Blutwurm-Giftdrüsen exprimieren nicht nur Toxin-Gene, die denen in Bienen- und Wespengift ähneln, sondern auch Komponenten, die den Giften ganz anderer giftiger Lebewesen wie Seeanemonen und Schnabeltieren ähnlicher sind.
‚Es ist sehr überraschend, dass einige Blutwurmgifte den Giften von sehr entfernt verwandten Tieren so ähnlich sind‘, sagt der Erstautor und Museumszoologe Dr. Ronald Jenner.
‚Diese Vielfalt an Giftgenen deutet darauf hin, dass das Blutwurmgift genauso komplex ist wie das von einigen der gefährlichsten Tiere der Welt, einschließlich Skorpionen und Schlangen.
Es zeigt, wie Raubtiere aus verschiedenen Lebensbereichen ähnliche Lösungen für das gemeinsame Problem, Nahrung zu fangen, entwickelt haben.‘
Vielfältige Ernährung
Blutwürmer fressen alles, was an ihnen vorbeikommt und in ihr Maul passt. Um Beute zu fangen, stülpen sie einen Teil ihres Verdauungssystems, zu dem auch die Zähne gehören, um und schleudern sie aus dem Maul.
Die Forscher vermuten, dass die verschiedenen Toxine, die im Blutwurmgift enthalten sind, auf unterschiedliche Beutetiere wirken. Das Team wird nun die verschiedenen Toxine aus dem Gift isolieren und ihre Wirksamkeit und spezifische Aktivität auf verschiedene potenzielle Beutetiere, wie kleine Mollusken, Krebse und andere Würmer, testen.
Vom Schmerz zur Medizin
Die Isolierung der Giftstoffe könnte auch einen medizinischen Nutzen haben.
‚Die Erforschung von Giften hat eine positive Seite‘, sagt Co-Autor und Museums-Zoologe Dr. Lahcen Campbell.
‚Giftstoffe, wie sie in Blutwürmern vorkommen, könnten möglicherweise zur Entwicklung neuer Medikamente genutzt werden. Aus dem Gift von Kegelschnecken und dem Gila-Monster wurden bereits Schmerzmittel und eine Behandlung für Altersdiabetes entwickelt. Gemeinsam mit unseren Kollegen von der Universität Leipzig wollen wir das in unserer zukünftigen Arbeit untersuchen.‘